Digitale Medizin in NRW

Vorstellung von TeLiPro im Whitepaper des Clusters InnovativeMedizin.NRW

5/5 - (194 votos)

Die Konferenz „MobileConnectedHealth.NRW“ – eine Initiative des Clusters InnovativeMedizin.NRW – leistet einen Beitrag zur Prävention und Therapie durch mobile Endgeräte. Sie zielt darauf ab, vernetzte Gesundheitslösungen einzuordnen, Kompetenzen zu bündeln und Strategien für eine sichere, effiziente und effektive Nutzung zu entwickeln, um eine bestmögliche Versorgung in Nordrhein-Westfalen zu erreichen.

So diskutierten im Juli in Düsseldorf rund 120 Experten den Status Quo, der u.a. in einem Whitepaper vorab erarbeitet worden war. Das Strategiepapier thematisiert Notwendigkeiten, Herausforderungen sowie Chancen der Nutzung mobiler digitaler Technologien und gibt fünf Handlungsempfehlungen.

Der Weg in die Zukunft: Technologie und Zuwendung

Nach der Begrüßung durch Thorsten Menne, Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, und Prof. Dr. Wolfgang Goetzke, Cluster InnovativeMedizin.NRW, zeigte ein Video mit Eric Topol vom Scripps Research Institute, wie weit fortgeschritten die drahtlose Medizin heute schon ist. Der US-Experte erläuterte anschaulich, dass Stethoskope und die weiteren gängig in Arzttaschen vertretenen Objekte zur analogen Vergangenheit gehören, weil heute besser funktionierende digitale Technologien zur Verfügung stehen. Jedes Smartphone liefert mittlerweile höher auflösende Bilder als die meisten Ultraschallgeräte, so Topol. Man müsse nur sicherstellen, dass die Technologie nicht von der Menschlichkeit ablenke, sondern dabei helfe, Krankheiten zu erkennen, zu behandeln und die Würde des Menschen zu erhalten.

Im ersten Blog wurden Versorgungslösungen vorgestellt, die mit Hilfe von Telemedizin chronische Erkrankte sowie die verschiedenen Behandlungsstakeholder entlasten, indem sie am Notfallort, im Alltag und zu Hause Unterstützung leisten und vernetzen.

Dazu gehören die Projekte TELnet@NRW, ein intersektorales digitales Gesundheitsnetzwerk zur verbesserten intensivmedizinischen und infektiologischen Behandlungsqualität, und die FallaktePlus, eine webbasierte Kommunikationsplattform. Beide wurden im Universitätsklinikum Aachen entwickelt; heute beteiligen sich zahlreiche weitere Kliniken und Ärzte. Die Defibrillatorweste Life.Vest hilft bei der Betreuung von Menschen mit kardiovaskulären Erkrankungen. Sie schützt, rund um die Uhr getragen, nach der Entlassung aus der Klinik vor dem plötzlichen Herztod, beispielsweise bei Herzinfarkt, oder präventiv bei anderen Erkrankungen wie Myokarditis, Sarkoidose sowie Herzrhythmusstörungen.

Erfolgreicher Blended-Ansatz: Telemedizin und Coaching

Wie chronisch Erkrankte durch Telemedizin besser vernetzt, informiert und therapeutisch betreut werden, stellte Janine Berger vom Deutschen Institut für Telemedizin und Gesundheitsförderung vor. Im Projekt „TeLiPro“ stehen für sie das „Patient Empowerment“ und die Vernetzung im Vordergrund. „Bislang scheitert die adäquate Versorgung von Chronikern daran, dass die Akteure wie Hausärzte, Fachärzte, Fachberater und Therapeuten kaum vernetzt seien und dass die Betreuung/Begleitung der Patienten zwischen den Arztbesuchen fehle. Ferner erheben chronisch Erkrankte, aber auch gesunde Menschen, oft eine Menge gesundheitsbezogener Daten, doch werden diese Daten von niemandem sinnvoll ausgewertet,“ erklärte Berger.

Das telemedizinische Lebensstil-Interventions-Programm (TeLiPro) ist ein telemedizinisches Versorgungskonzept bei chronischen Erkrankungen wie Adipositas und Diabetes Typ 2. Es kombiniert die ärztliche Versorgung mit einem Coaching durch zertifizierte Experten und einem Datentracking, um einen gesundheitsfördernden Lebensstil zu verwirklichen. Jeder Patient erhält die dazu benötigte Technologie in Form von Geräten, die aufzeichnen, inwieweit ihm die Umsetzung einer der Erkrankung angemessenen Lebensführung gelingt. Ausreichend Bewegung, konsequente Medikations-Adhärenz und gesundheitsfördernde Ernährung wirken sich positiv auf den Gesundheitszustand aus. Die spezialisierten persönlichen Coaches helfen dem Patienten individuell dabei, den Wandel des Lebensstils zu meistern: Mit Gewichtsreduktion sowie mehr Aktivität wird seine Lebensqualität positiv beeinflusst, und Folge- und Begleiterkrankungen werden verringert oder sogar vermieden. Sämtliche Messwerte werden verschlüsselt an das TeLiPro-Onlineportal übermittelt, auf das der Patient, sein Coach und nach Freigabe durch den Patienten auch weitere Behandlungsstakeholder Zugriff haben. So können alle Therapiebeteiligten die Daten überwachen und verfolgen, welche Ziele erreicht wurden. TeLiPro führt nachweislich zu signifikanten Verbesserungen in der Gesundheit. Eine Langzeitstudie mit 200 Diabetes Typ 2-Patienten zeigte eine Steigerung der Adhärenz auf über 80 Prozent. Die Insulindosis konnte um 50 Prozent reduziert werden. (Quelle: Diabetes Lifestyle Studie 2013-2016, Diabetes Care)

Interoperabilität als Voraussetzung für mobile Gesundheitslösungen

Anschließend diskutierten die Teilnehmer in Düsseldorf die Möglichkeiten und Hemmnisse für die Nutzung von MobileConnectedHealth-Lösungen in Klinik und Praxis. Dabei stand u. a. die Forderung nach einheitlichen internationalen Standards im Vordergrund: Ohne Interoperabilität wird die Versorgung auch 2030 nicht besser mobil und vernetzt sein. Die Herausforderungen – so waren sich die Podiumsdiskutanten einig – seien nur zu lösen mit Transparenz, Kritikfähigkeit, guter Ausbildung und der durchgängigen Digitalisierung.

Das vorgestellte Whitepaper soll dazu beitragen, Daten zu sammeln und zu vermitteln, den Patienten einzubeziehen und die Versorgungssektoren stärker zu integrieren. Tradierte Rollenbilder und die Aufteilung zwischen den Gesundheitsberufen sollen weiterentwickelt, Versorgungslücken vermieden und überwunden sowie der Innovationsstandort NRW gefördert werden.

Subir