Telemedizinisches Lifestyle-Projekt TeLiPro im Bereich Diabetes geht vorbildlich voran
Der Weltdiabetestag war ein passender Anlass, und die Medica bot als wichtigste Messe der Medizintechnik den geeigneten Rahmen: Am 14. November 2018 veranstalteten das Deutsche Institut für Telemedizin und Gesundheitsförderung (DITG) und das Zentrum für Telematik und Telemedizin (ZTG) eine Roundtable zur Digitalen Diabetesversorgung. Neben Vortragenden wie Verbands- und Patientenvertretern, Experten aus Krankenkassen und Betroffenen stellte in Düsseldorf das Bundestagsmitglied Tino Sorge, dar, wie weit Digitalisierungsprojekte in der Diabetestherapie bereits fortgeschritten sind und welche künftigen Lösungsansätze ihm aus Sicht der Politik sinnvoll erscheinen.
Als Mitglied im Ausschuss für Gesundheit (Berichterstattung Digitalisierung und Gesundheitswirtschaft der CDU/CSU-Bundestagsfraktion) und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Bildung und Forschung möchte Sorge die Digitalisierung im Gesundheitswesen zügiger voranbringen. Zu wichtigen Trendthemen zählen für ihn Künstliche Intelligenz und Big Data – doch unter Beachtung des Datenschutzes. „Dabei müssen wir es schaffen, diese Themen so zu gestalten, dass wir Innovationen nicht abwürgen und die positiven Effekte für den Einzelnen herausstellen“, so der Politiker. Er beschrieb eine Vielzahl an notwendigen Rahmenbedingungen, darunter eine funktionierende Telematikinfrastruktur, die endlich starten muss – mit Standards, Schnittstellen, Interoperabilität – und die intersektorale Vernetzung im Rahmen des E-Health-Gesetzes II, auch „Digitalisierungsgesetz“ genannt.
Dies beinhaltet neben der stationären Vernetzung die Zusammenarbeit mit dem ambulanten Sektor und weiteren Beteiligten, die Heil- und Hilfsmittel etc. bereitstellen, etwa die wie Apotheken. Konkret auf die digitale Diabetesversorgung bezogen erklärte Sorge: „Dies ist ein guter Ansatz. Wir als Politik müssen dafür regulatorisch mehr Anreize setzen, damit sinnvolle Projekte keine Insellösungen bleiben, sondern in die Regelversorgung kommen. Momentan“, so der Politiker weiter, „ist es so, dass die Kassen begründen sollen, warum sie ein bestimmtes digitales Projekt, Apps etc. nutzen wollen. Ich möchte das anders herum sehen, nämlich dass Kassen sich erklären müssen, wenn sie solche Projekte nicht nutzen! So wollen wir jungen Unternehmen und Startups mit Zulassung, Vergütung und Förderung dabei helfen, in diesem regulierten und schwierigen Bereich voranzukommen, damit wir die vielen tollen Ideen bald nutzen können“.
Auch die – oft multimorbiden – Älteren nutzen Technologie
Sorge zog ein persönliches Beispiel heran – aus der heutigen Seniorengeneration: „Selbst meine Oma nutzt mittlerweile ein Smartphone mit SMS und Whatsapp, für Fotos und Kommunikation mit ihren Enkeln. Die Älteren kennen diese Technik, also sollten wir sie auch für die Gesundheit nutzen und ausbauen … Dies hat sehr positive Effekte für den Einzelnen“.
Die konkreten Vorteile
Wo sieht das Bundestagsmitglied konkrete Vorteile durch Technologieeinsatz bei der Indikation Diabetes? „Telemedizin verbessert nicht nur das tägliche Leben eines Diabetikers, es ist mehr – ein aktives Gestalten! Daten werden automatisch erhoben und ausgewertet/aggregiert – so kann der Arzt diese nutzen und weiß automatisch, wo es Probleme gab und wo er ansetzen, nachhaken muss. Der Vorteil dabei ist: im Endeffekt hat der Arzt mehr Zeit für den Patienten und Gespräche, für Empathie“, sagte das Ausschussmitglied auf der Medica.
Wo stehen wir bei der Durchsetzung?
In vielen Bereichen gibt es nicht mehr zeitgemäße Regularien, konstatierte Sorge. „Diese müssen wir verbessern, damit telemedizinische Projekte funktionieren. Ein weiteres wichtiges Thema ist der Datenschutz. Wir können nicht auf der einen Seite darüber sprechen, dass wir Daten brauchen, Big Data und KI auf die Tagesordnung setzen – dann aber mehr Datenschutz oder -sparsamkeit fordern; wir brauchen einen pragmatischen zeitgemäßen Datenschutz, der den Patienten hilft und den Akteuren im System die Möglichkeit gibt, sich besser zu vernetzen und so die Versorgung zu verbessern.“
Das Innovationsprojekt Telipro unterstützt laut dem Bundestagsmitglied durch genau diese bessere Vernetzung. „Im Programm werden Daten aufgezeichnet und ausgewertet; es liefert Nutzungsempfehlungen für Arzt, Coach und Patient. Ohne dieses Programm hätte vielleicht maximal eine Person diese Daten – und die ist wohl nicht der Arzt“, so Sorge weiter. „Also, es hilft den Ärzten genauso wie den Patienten. Letztgenannte erhalten Tipps zur Lebensführung mit ihrer Erkrankung, die das Leben leichter machen – aber nicht im Sinne einer Bevormundung, sondern als Anregungen in Form von Nudging oder durch Anstöße, so dass der Mensch von selber etwas tun will. Ferner kann man diese neue Aktivität auch wieder monitoren.“
Die Handlungsaufforderung des MdB – an alle Beteiligten
So lautet Sorges Aufforderung im Hinblick auf das Ausschöpfen technologiegestützter Versorgungsansätze: „Alle Player im System – also Patienten, Kostenträger, Leistungserbringer, Politik und Industrie – sollten an einem Strang ziehen! Wir als Politiker müssen die Anreizsysteme so setzen, dass sie für alle interessant sind“. So müssten Ärzte ein Interesse daran haben, stärker auf „Gesunderhaltung“ und „Gesundmachen“ zu fokussieren. Ein weiteres wichtiges Thema sind Standards als Voraussetzung für das Zusammenspiel der IT-Systeme: Welche Standards werden definiert? Welche sind sinnvoll? Sorge: „Wir brauchen ohne Frage Interoperabilität, die ganze Schnittstellenproblematik muss weg. Neue Systeme müssen technologieoffen, updatefähig sein. Wenn weitere, neue Technologien entstehen, muss man diese einbauen können“. Der Politiker fasste das Ziel zusammen: „Wir müssen Verbesserungsideen schnell in die Versorgung implementieren ohne lange Diskussion und Erprobungen leichter zulassen als in Vergangenheit“.